Bäume und Sträucher haben für viele Menschen eine ganz besondere emotionale Bedeutung. Vielleicht bedienen sie mit ihrem stillen, himmelwärts gerichteten Wachstum und ihrer Standortgebundenheit Ur-Wünsche von Stetigkeit und Sicherheit. Diesen Bedürfnissen, aber auch fach- und laienwissenschaftlichen Interessen an Bäumen und Sträuchern bedienen seit Jahrhunderten Aboreten (Singular: Arboretum). In diesen künstlich angelegten Sammlungen kann auf verhältnismäßig kleinen Flächen der in- und ausländischen Vielfalt von Baum und Strauch nachgespürt werden.
In Deutschland gibt es in jedem Bundesland Arboreten, insgesamt etwa 100. Einige davon können ganzjährig von der Öffentlichkeit besucht werden, andere nur wenige Tage im Jahr und wieder andere sind nur für Fachleute zugänglich. Es gibt Arboreten, die lediglich wenige Hektar groß sind. Andere haben eine größere Fläche als das Fürstentum Monaco. Viele Arboreten sind Teil von Hochschul-Einrichtungen, andere gewachsene Landschaftsteile in Gemeindebesitz oder in Parkanlagen integrierte Baumzonen.
Bergpark Wilhelmshöhe
Der über der Stadt Kassel liegende Bergpark Wilhelmshöhe zählt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Hessens. Der 2013 ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommene, 250 Hektar große Landschaftspark mit seinem Schloss,seiner Herkules-Statue und anderen Baudenkmälern kann auf eine über dreihundertjährige Geschichte als ursprünglich feudal-barocke und heute im Landesbesitz stehende, allgemein zugängliche Anlage zurückblicken. Der in den angrenzenden Habichtswald übergehende Park gilt mit seinen zahlreichen Baum- und Straucharten aus Europa, Asien und Amerika als einer der größten Arboreten Mitteleuropas.
Arboretum im Staatsforst Burgholz
Mit 250 Hektar Fläche fast gleich groß wie der Bergpark Wilhelmshöhe ist das vor 30 Jahren als forstlicher Lehrgarten konzipierte Arboretum im nordrhein-westfälischen Staatsforst Burgholz vor den Toren Wuppertals. Nirgendwo in Deutschland gibt es eine größere Sammlung von auswärtigen Nadel- und Laubbaumarten. Zu empfehlen ist die Teilnahme an einer der vom Waldpädagogischen Zentrum Burgholz angebotenen Führungen durch die lebende Baum-Sammlung. Aber auch auf eigene Faust lohnt sich ganzjährig eine Begehung der Rundwanderwege, deren kürzere das Motto „Welt der Bäume“ haben und die längeren auf die „Welt der Wälder“ hinführen.
WeltPark Harz
Ebenfalls in forstamtlicher Regie wird das 65 Hektar große Arboretum WeltPark Harz im südniedersächsischen Kurort Bad Grund geführt. In dieser Anlage erwarten die kleinen und großen Besucher jeweils etwa 300 Baum- und Straucharten aus Europa, Nordamerika und Asien sowie viele Sonderveranstaltungen. Nicht nur in Augenhöhe kann das Baum-Gebiet, in dem Totempfähle an die Kultur nordamerikanischer Waldindianer erinnern, erlebt werden. Bei einem Gang über die Kronen-Stege in Wipfelnähe ergeben sich ungewöhnliche Perspektiven.
Weltwald Freising
Im Süden der Republik, unweit von München im oberbayerischen Landkreis Freising, erstreckt sich auf hundert Hektar Fläche ein anderer waldiger Weltpark: Das Bayerische Landesarboretum ist auch als „Weltwald Freising“ bekannt. Ende der 1980er Jahre waren hier im Kranzberger Forst die ersten Pflanzungen zum Anschauungsunterricht für Forstschüler gesetzt worden. Mittlerweile können auch Normalbürger im Zentralpavillon, auf Themenpfaden wie „Mittel- und Ostasien“ oder „Nordamerika West“ sowie bei Sonderveranstaltungen Wissenswertes über 300 Baum- und Straucharten aus aller Welt erfahren.
Exotenwald Weinheim
Zwischen Mannheim und Heidelberg ermöglichte in Weinheim das für deutsche Verhältnisse ausgesprochen milde Klima die Anlage eines speziell auf Exoten ausgerichteten Arboretums. Im auf eine private Initiative in der Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgehenden Weinheimer Arboretum gibt es auf 60 Hektar Fläche ganze Waldstücke mit aus China stammenden Götterbäumen oder mit nordafrikanischen Zedern. Besonders bekannt ist der Exotenwald wegen seiner in Deutschland nur hier in dieser Massierung vorkommenden Beständen von Küsten- und Riesenmammutbäumen. Etliche dieser Mammuts erreichen Hochhaushöhen von weit über 50 Metern.
Arboretum der Insel Mainau
Ähnlich mild wie in Weinheim ist auch das Klima auf der baden-württembergischen Bodensee-Insel
Mainau. Der badische Großherzog Friedrich I. hat hier seine Passion für exotische Bäume ausleben können. Er hat Mitte des 19. Jahrhunderts damit begonnen, Mammutbäume auf der Insel zu kultivieren. Diese Tradition nahm auch der schwedische Graf Lennart Bernadotte auf, der 1932 Besitzer der 45 Hektar großen Insel geworden war. Er gestaltete Mainau als „Blumeninsel“ zu einem touristischen Top-Ziel um. Mittlerweile bilden hunderte exotische Gehölze wie der Tulpenbaum oder der japanische Hartriegelstrauch ergänzend zu den insularen Blumenmeeren das Mainau-Arboretum.
Arboretum Ellerhoop
Mit knapp 18 Hektar Fläche gehört das in der südholsteinischen Baumschulregion westlich von Hamburg gelegene Arboretum Ellerhoop zu den eher kleinen deutschen Arboreten. Das Arboretum ist Teil einer vorwiegend gärtnerisch ausgerichteten Anlage mit der Bezeichnung „Norddeutsche Gartenschau – Arboretum Ellerhoop“. Die Anlage dient nicht zuletzt dazu, Schülern, Gärtner-Azubis und Studierenden Pflanzen in Natura vorstellen zu können. Dabei spielen Gehölze sowie Bambus- und Wasser-Wäldchen eine wichtige Rolle. Ein Sonderheit im Arboretum Ellerhoop ist die 1:1-Nachbildung vom Unterstamm des berühmten General Sherman Tree, eines als voluminösester Baum der Welt geltender US-Riesenmammutbaum. Jährlich lassen sich 100.000 Besucher davon beeindrucken.
Arboretum des Botanischen Gartens Berlin-Dahlem
Fünfmal so viele Besucher jährlich wie Ellerhoop hat der hauptstädtische, der Freien Universität angegliederte Botanische Garten in Berlin-Dahlem. Etwa 14 Hektar des 43 Hektar großen Botanischen Gartens sind als Arboretum gestaltet. Dabei ist das fast 2000 Baum- und Straucharten umfassende Freiland so konzipiert, dass er einen Rückblick auf die pflanzliche Evolutionsgeschichte unserer Erde erlaubt und einen Bogen von altertümlichen Nacktsamern wie dem Ginkgo zu den um mehr als 100 Millionen Jahren jüngeren Bedecktsamern wie der Buche schlägt.
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